„Zeit zum Loslassen – Zeit zum Neuordnen“
 


Thomas Bestgen über sein Sabbatical, Erkenntnisse im Rückblick und was Unternehmen daraus lernen können.
 

Manchmal braucht es einen Moment des Innehaltens, um den Weg wieder klarer zu sehen. Thomas Bestgen, Geschäftsführer der UTB, hat sich genau diesen Moment genommen – und bewusst eine mehrmonatige Auszeit vom operativen Geschäft gewählt. Zwischen Dezember und April ließ er Termine, To-dos und Tagesgeschäft hinter sich. Stattdessen: Zeit für Stille, Abstand und neue Gedanken. Im Gespräch mit Jennifer Rembach erzählt er, warum dieser Schritt alles andere als spontan war, wie er das Unternehmen auf seine Abwesenheit vorbereitet hat – und weshalb eine Auszeit kein Luxus, sondern kluge Führungsarbeit sein kann. 

Ein Gedanke, der lange gereift ist 

„Das Wort Sabbatical ist mir zum ersten Mal vor fast 30 Jahren begegnet“, erzählt Bestgen. Damals sprachen befreundete Lehrer*innen von ihrem Modell: Sieben Jahre arbeiten, eines davon ansparen, dann ein Jahr raus. „Mich hat das sofort fasziniert – aber als Unternehmer erschien mir das zunächst kaum umsetzbar.“ Immer wieder war die Idee präsent, vor allem in Phasen familiärer Veränderungen, etwa bei der Geburt seiner Kinder. Doch der Alltag eines wachsenden Unternehmens ließ wenig Raum für solche Experimente. 

Zum 60. Geburtstag dann die Wende: kein rauschendes Fest, keine große Bühne – sondern der Entschluss, sich selbst eine Zeit zu schenken. „Ich wollte nicht feiern, sondern zur Ruhe kommen.“ Rund ein halbes Jahr vor dem geplanten Start begann die konkrete Vorbereitung. Mit der Familie, mit dem Team – und mit sich selbst.  

Kein Urlaub, sondern echter Rückzug 

Bestgen betont, dass es ihm nie um klassischen Urlaub ging. „Es ging darum, den Kopf freizubekommen und mich neu zu sortieren.“ Nach fast 40 Berufsjahren sei es ein inneres Bedürfnis gewesen, die Perspektive zu wechseln. „Ich wollte herausfinden, wie ich die letzte Dekade meines Berufslebens gestalten will – und was ich weitergeben kann.“ Kein leerer Kalender, sondern ein freier Kopf war das Ziel. 

Die Unternehmensstruktur war vorbereitet. Seit Jahren hatte UTB an klaren Verantwortlichkeiten und tragfähigen Prozessen gearbeitet. „Wir haben früh kommuniziert, intern wie extern. Die Verantwortung war verteilt – und ich wusste, dass ich loslassen kann.“ Eine Art „Nabelschnur ins Büro“ bestand zwar, doch sie wurde kaum benötigt. Das Team funktionierte – auch ohne tägliche Steuerung von oben. 

Freiheit, die Perspektive verändert 

Was bleibt von vier Monaten Auszeit? „Das größte Glück war, nicht mehr termingebunden zu sein“, sagt Bestgen. Keine Meetings, keine Projektpläne – dafür Gedanken, die wieder Raum fanden. „Mit dieser Distanz entstehen neue Ideen. Nicht radikal anders, aber aus einem ruhigeren Blickwinkel.“ 

Mit dem Abstand kam die Klarheit – auch für die Zukunft der UTB. Wie lange will er noch operativ tätig sein? Was braucht es, damit das Unternehmen auch ohne ihn tragfähig bleibt? „Ich habe begonnen, bestimmte Themen neu zu ordnen. Manche Projekte habe ich bewusst abgeschlossen, andere umstrukturiert. Der Kopf war frei – und plötzlich war die Entscheidung leicht.“
 

Zurück mit neuer Energie – und einem klaren Fazit 

Der Wiedereinstieg? „Mit Freude“, sagt Bestgen. „Wir haben ein tolles Team, großartige Räume – ich bin gerne hier.“ Nach wenigen Tagen war er wieder mittendrin. Doch er räumt auch ein: „Drei Monate länger hätten gutgetan. Manche Altlasten wären vielleicht von allein verschwunden.“ Trotzdem überwiegt die Erkenntnis: Es war richtig, diesen Schritt zu gehen. 

Und mehr noch: Bestgen sieht darin kein exklusives Privileg für Führungskräfte. „Jede*r, der Verantwortung trägt – sei es im Unternehmen, im Team oder einfach über Jahre engagiert gearbeitet hat – sollte eine echte Auszeit erleben dürfen.“ Eine Pause, die mehr ist als Urlaub. Eine Zeit, um zurückzublicken, loszulassen und dann mit neuer Klarheit weiterzugehen.  

Was bleibt: Gedanken für die Zukunft 

„Ein Unternehmen ist nur so leistungsfähig wie seine Führung“, sagt Bestgen. Und weiter: „Wer zu lange in zu hoher Anspannung lebt, schadet nicht nur sich, sondern dem ganzen System.“ Gerade die letzten Jahre – geprägt von Krisen, Umbrüchen und Unsicherheiten – hätten viele Routinen infrage gestellt. „Da ging es oft nur noch ums Durchhalten. Jetzt geht es ums Neudenken.“ 

Was er mitnimmt? „Ich plane bewusster, entscheide klarer – und lasse mehr Raum.“ Für neue Projekte. Für das Team. Für die Zukunft. Und vielleicht auch – irgendwann – für die nächste Auszeit.